39C3: CCC-Hacker fordern Bundesdatensicherungsspiele gegen Ransomware-Albträume
Vom Cyberdome zu „AI Slop“: Experten analysieren den Status quo der IT-Sicherheit und enthüllen eine nahe Zukunft, in der Backups Leistungssport werden dürften.
In den Messehallen Hamburgs herrschte am Dienstag die zum Jahresende übliche Mischung aus technologischer Zuversicht und Pessimismus. Doch als Ron Fulda und Constanze Kurz die Bühne des 39. Chaos Communication Congress (39C3) betraten, wich der Rest-Optimismus einer schauerlich-schrecklichen Bestandsaufnahme des digitalen Scheiterns. Unter dem Titel „Security Nightmares“ skizzierten die Hacker-Urgesteine ein Bild der IT-Sicherheit, das zwischen staatlichem Größenwahn und der drohenden „Enshittification“ durch KI pendelte. Ein Aufhänger: Angesichts der andauernden Ransomware-Bedrohung rief das Duo vom Chaos Computer Club (CCC) nach Backup-Wettbewerben im Stil sportlicher Großereignisse.
Glaskugel 2026: Vom Cyberdome zu Backup-Medaillen
Der traditionell mit viel Hackerironie geschärfte Blick in die nahe Zukunft war geprägt von einer zunehmenden Automatisierung – sowohl beim Angriff als auch bei der Verteidigung. Kurz verwies auf das Eckpunktepapier für einen „Cyberdome“. Die in Israel von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) aufgeschnappte Idee soll 2026 in ein Realisierungskonzept münden. Das Ziel klingt nach Science-Fiction: Ein digitaler Schutzschild für Wirtschaft und Gesellschaft, der „informatische Angriffe“ vollautomatisiert abwehrt.
Die Hacker-Community bleibt skeptisch. Wenn die Technik versagt, hilft nur die klassische Tugend der IT: das Backup. „Wir fordern die Bundesdatensicherungsspiele“, erklärte Fulda mit Blick auf zahllose gescheiterte Wiederherstellungsversuche in Verwaltung und Industrie: „Am Ende ist ein gutes Backup das Last Level of Defence.“ Das Thema müsse positiv besetzt werden, weg von den „Backup Hunger Games“ zu einer Kultur des Gelingens. Wer nachweisen könne, dass er seine Daten tatsächlich erfolgreich zurückspielen kann, sollte Medaillen oder zumindest Teilnahmeurkunden und Bildungsurlaub erhalten. Der Zustand der digitalen Welt sei teils absurd: So gebe es zwar den gesetzlichen Zwang zur freien Browserwahl im Betriebssystem. Es fehle aber eine Selektionspflicht dazu, ob Daten lokal, in der eigenen Cloud oder überhaupt auf diesem Planeten gespeichert werden müssten.
Für 2026 prognostizieren Kurz und Fulda auch eine neue Eskalationsstufe der KI-Integration. Es drehe sich längst nicht mehr alles darum, Nutzerverhalten für Werbung auszuspähen. Mit „Agentic Add-ons“ – eigenständig handelnden Bots – erreiche die Enshittification ein neues Level. Fulda scherzte über „Gegenschnittstellen“ und offene Standards für die Bestechung solcher KI-Agenten.
Gleichzeitig droht ein massives Ressourcenproblem. Während der Energie- und Wasserverbrauch von Rechenzentren bereits diskutiert wird, könnte 2026 der RAM-Verbrauch zum großen Ärgernis für Konsumenten werden, hieß es. Eine Rückkehr zu schmaler, effizienter Software wäre zwar wünschenswert, aber mit dem Trend zum – kaum vereinbar.
