39C3: Wie Betrüger das Deutschlandticket um Millionen erleichterten
Gestohlene Kryptoschlüssel, Zahlungsbetrug in dreistelliger Millionenhöhe und wochenlange Untätigkeit wegen Urlaub: Zwei Sicherheitsforschende ziehen Bilanz.
Gute Nachrichten zuerst: Im Kampf gegen den massiven Betrug beim Deutschlandticket bewegt sich etwas. Wie die Sicherheitsforscher Q Misell und Maya „551724“ Boeckh in ihrem Vortrag „All my Deutschlandtickets gone“ auf dem 39. Chaos Communication Congress (39C3) berichteten, nutzen inzwischen diverse Verkehrsunternehmen eine zentrale Sperrliste für sogenannte UIC-Tickets des Deutschlandtarifverbund (DTVG). Dabei handelt es sich um elektronische oder ausgedruckte Zugtickets, bei denen die Fahrkartendaten in einem 2D-Barcode nach dem Standard des UIC (Union internationale des chemins de fer) kodiert werden, der sich im Vorfeld als besonders leicht zu fälschen erwiesen hatte.
Die Deutsche Bahn führt derzeit 98 Prozent aller Abfragen dieser Sperrliste durch. Hinzu kommen laut den Vortragsfolien die bConn GmbH, deren System die Magdeburger Verkehrsbetriebe, Autobus Oberbayern, das Busunternehmen Lehner und die Harzer Schmalspurbahnen nutzen. Über die AMCON GmbH sind Transdev, die Nahverkehrsgesellschaft Hochstift, Elbe-Weser, VGE ZOB, der Landkreis Würzburg sowie die Unternehmen Kalmer und Veelker angebunden. Auch INSA nutzt die Sperrliste für die PVGS Altmarkkreis Salzwedel. Zudem arbeite die Branche an einer zentralen Ausstellung von UIC-Deutschlandtickets, um künftige Sicherheitslücken zu schließen.
Inzwischen nutzen zahlreiche Verkehrsunternehmen und -verbände die zentrale Sperrliste für UIC-Tickets der DTVG – aber noch längst nicht alle.
(Bild: Q Misell, Maya Boeckh)
Doch der Weg dorthin war lang – und der Vortrag dokumentiert ein erschreckendes Ausmaß an Versäumnissen. Er fasst viele der Betrugsfälle zusammen, welche die Sicherheitsforschenden Q Misell und Flüpke zusammen mit heise online Anfang des Jahres öffentlich gemacht hatten. Es lohnt sich aber auch jeden Fall, die Aufzeichnung des Talks anzuschauen, weil Q und Maya die gesamte Geschichte sehr unterhaltsam aufgerollt haben.
Zahlungsbetrug in dreistelliger Millionenhöhe
Den größten Schaden verursacht der sogenannte Dreiecksbetrug: Kriminelle kaufen mit gestohlenen Bankdaten echte Tickets bei Verkehrsverbünden und verkaufen diese über Telegram-Kanäle weiter. Wie Q Misell im Februar aufdeckte, boten zahlreiche illegale Shops Deutschlandtickets für 5 bis 30 Euro an.
