EU und die US-Sicherheitsdoktrin: Die Erkenntnis, allein zu Haus zu sein
Das Jahr endete für die EU mit einer Art Scheidungspapier. Mit Trumps neuer Sicherheitsdoktrin wenden sich die USA anderen Partnern zu - Europas Rechten und Rechtspopulisten. Für die EU ist das ein Schock. Von H. Schmidt.

Stand: 26.12.2025 15:56 Uhr
Das Jahr endete für die EU mit einer Art Scheidungspapier. Mit Trumps neuer Sicherheitsdoktrin wenden sich die USA anderen Partnern zu - Europas Rechten und Rechtspopulisten. Für die EU ist das ein Schock.
Donald Trump ist noch nicht ein Jahr im Amt, aber von Brüssel aus gesehen ist das eine Ewigkeit. Eine Schockwelle nach der anderen hat die Europäer in Atem gehalten, wöchentlich kamen neue Zumutungen, Vorwürfe und dann wieder Kehrtwendungen.
Der Schock vom 4. Dezember war der vorläufige Höhepunkt, er dürfte der nachhaltigste sein. Ein Schock, der Europa ins Mark trifft.
Die neue nationale Sicherheitsstrategie der USA hält für die Alliierten einiges an Überraschungen bereit. China ist kein systemischer Rivale mehr, sondern nur noch wirtschaftlicher Konkurrent. Russland wird als Großmacht akzeptiert mit einem vielversprechenden Markt, der gerade bei den Rohstoffen einiges zu bieten hat. Und wenn es doch mal Konflikte mit dessen Präsident Wladimir Putin gibt, bietet Donald Trump sich als Vermittler an.
Und Nordkorea? Wird gar nicht mehr erwähnt. In Trumps erster Amtszeit war Kim Jong-un noch Staatsfeind Nummer 1.
Ein vernichtendes Urteil
Den radikalsten Bruch vollzieht die neue amerikanische Sicherheitsstrategie aber mit den Europäern. Die USA, das Land, das Europa unter großen Opfern vor mehr als 80 Jahren vom deutschen NS-Terror befreite, dann Schutzmacht des Kontinents wurde und insbesondere das Projekt der Europäischen Union stets unterstütze, wird jetzt ihr Feind.
Wie eine Anklageschrift lesen sich die Absätze, die der EU gewidmet sind. Es ergibt sich das Bild einer völlig heruntergekommenen EU, die kurz vor dem zivilisatorischen Zusammenbruch steht. Zersetzt durch Massenmigration, Unterdrückung der Opposition, niedrige Geburtenraten und Zensur.
"Niemand von uns sollte schockiert über die Worte sein, die andere über uns sagen", empfahl Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zehn Tage nach dem Bekanntwerden der neuen Strategie. Absatz für Absatz zerlegte sie die Ansagen aus Washington. Europa behalte sich die Freiheit vor, selbst seine Gesetze zu machen - eine Absage an den amerikanischen Druck, die US-Tech-Konzerne möglichst ungehindert von europäischen Vorgaben schalten und walten zu lassen.
