Félix Vallotton im Kunstmuseum Lausanne: Ein Mann der Frauen
Vor 100 Jahren starb der Schweizer Maler Félix Vallotton. Nun feiert das Kunstmuseum Lausanne ihn als einen Vorreiter der Moderne mit einer großen Retrospektive.

"Sonnenuntergang im Nebel", gemalt von Félix Vallotton im Jahr 1911. © Félix Vallotton/Collection privée, Suisse/Musée cantonal des Beaux-Arts de Lausanne
Vor 100 Jahren starb der Maler Félix Vallotton. Nun feiert ihn das Kunstmuseum Lausanne.
Aus der ZEIT Nr. 50/2025 Aktualisiert am 29. Dezember 2025, 8:21 Uhr
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Mit einem nackten Po startet die Ausstellung, und sie endet mit einer angeketteten Nackten auf einem Felsen im Wasser. Provokation oder dem Werk von Félix Vallotton angemessen? Doch, es ist eine passende Klammer in der wichtigsten Ausstellung zum 100. Todestag des großen Schweizer Künstlers. Nackte Frauen waren eines seiner liebsten Motive, mehr als einmal irritierte er die Kunstwelt – und Mut bewies er zeitlebens.
Dem üppigen Frauenhintern widmete sich Vallotton 1884, da war er erst 19 Jahre alt. Mit Sorgfalt und Ehrgeiz suchte er den realistischen Ausdruck. Die verzweifelte Andromeda am Felsen, eine Figur aus der griechischen Mythologie, dramatisch hinterleuchtet von einem Sonnenuntergang unter schwarzen Wolken, ist eines seiner letzten Werke. 1925 starb er 60-jährig nach einer Krebsoperation. Dazwischen schuf er das Werk eines stetig suchenden und erfolgreichen Künstlers, das jetzt in einer gültigen Gesamtschau zu entdecken ist.
Der 16-jährige Lausanner Apothekersohn Félix Vallotton braucht Mut, als er 1882 nach Paris zieht und Künstler werden will. Mit wenig künstlerischem Wissen und noch weniger im Bauch schlägt er sich durch, besucht wie so viele Schweizer die Académie Julian. 1885 kann er erstmals am Salon des artistes français ausstellen, der wichtigsten Kunstausstellung des Landes. Das Selbstporträt des 20-Jährigen wie auch die Bildnisse der Eltern und des Bruders – alle dunkel, realistisch und den akademischen Regeln der Zeit gehorchend – gefallen. Sein Selbstbildnis wird nur zehn Jahre später vom Kunstmuseum Lausanne angekauft.
Bereits als 25-Jähriger begeistert er die Pariser Szene mit seinen neuartigen Holzschnitten. Er setzt auf Flächen statt wie üblich auf Linien. Auf viel schwarze Fläche, die Figuren, Menschen, Staffage konturlos vereint und mit weißen Leerstellen Spannung erzeugt. Mit dieser Reduktion wird Vallotton zu einem Modernisierer und Erneuerer der Kunst.