Kölner Silvesternacht 2015: Eine Nacht, die Deutschland verfolgt
Hunderte Frauen wurden 2015 Opfer sexueller Übergriffe. Die Täter: meist Männer aus Nordafrika. Wie die Kölner Silvesternacht Gesetze, Debatten und Vorurteile bis heute beeinflusst. Von Philipp Wundersee.
 auf dem Vorplatz des Hauptbahnhofs zu sehen. | picture alliance / Markus Boehm/")
Silvester 2015 in Köln Eine Nacht, die Deutschland verfolgt
Stand: 31.12.2025 14:27 Uhr
Hunderte Frauen wurden 2015 Opfer sexueller Übergriffe. Die Täter: meist Männer aus Nordafrika. Wie die Kölner Silvesternacht Gesetze, Debatten und Vorurteile bis heute beeinflusst.
Michelle Etienne denkt zurück an eine Nacht, die ihr Leben 2015 plötzlich verändert hat. Nach dem Feuerwerk in der Silvesternacht wollte sie nur noch einmal kurz im Bahnhof auf die Toilette. "Dann sind wir auf dem Vorplatz gelandet", erzählt die junge Frau. "Das ist diese Situation gewesen, dieser Massenauflauf."
Eine Situation, die ihr Angst gemacht hat. Männer, die zu nahe kamen. Feuerwerkskörper, die durch die Gegend flogen. "Ein junger Mann hat mir in die Augen geschaut. Er ist auf mich zugekommen. Dann hat er mir feste zwischen die Beine gefasst", sagt Michelle. In dem Moment habe sie die Hände von ihrer Tasche genommen und ihn weggestoßen. "Dann konnte der Mann, der hinter mir stand, mein Portemonnaie aus der Tasche klauen." Die Stimmung ist enthemmt und aggressiv. Passanten werden schikaniert und Handys gestohlen. Frauen werden vergewaltigt.
Eine Nacht, die ihr Leben verändert hat: Michelle Etienne war Silvester 2015 in Köln.
Eine überforderte Polizei
Die Polizei war in der Nacht überfordert, meint die Soziologin und Kriminologin Gina Wollinger von der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung in Köln.
"Es kam zu Übergriffen, die aus Gruppen heraus begangen wurden wie Raubüberfälle oder sexualisierte Gewalt. Unklar ist noch immer, wie das organisiert oder verabredet war im Vorfeld", sagt Wollinger. "Es war ein Raum mit ganz wenig Sozialkontrolle. Wenig Menschen sind eingeschritten. Das kann Leute beflügeln, die schon mit einer Motivation da hingegangen sind. Es kann auch Trittbrettfahrer geben, die anfangen, sich an den Normbrüchen zu beteiligen."
Jedes einzelne Opfer kontaktiert
Anja Kleck ist die Opferschutzbeauftrage der Polizei Köln. Sie macht diesen Job seit 2014 und war davor Ermittlerin im Kommissariat für Sexualdelikte. Sie wird diese Nacht nie vergessen: "So eine Dimension hatte ich noch nicht erlebt", sagt Kleck. "So viele Menschen sind an einem Abend Opfer von Straftaten und sexuellen Übergriffen geworden."
