Schweiz diskutiert über Verbot von Auslandsadoptionen
In der Schweiz wird ein Verbot von Adoptionen aus dem Ausland diskutiert. Befürworter argumentieren mit schweren psychischen Folgen für Betroffene. Kritiker sprechen von mutmaßlich verwehrten Chancen. Von S. Wurzel.

Verbotsdiskussion in der Schweiz Auslandsadoptionen - schwere Last oder Chance?
Stand: 29.12.2025 15:52 Uhr
In der Schweiz wird ein Verbot von Adoptionen aus dem Ausland diskutiert. Befürworter argumentieren mit schweren psychischen Folgen für Betroffene. Kritiker sprechen von mutmaßlich verwehrten Chancen.
Von Steffen Wurzel, zzt. ARD Genf
Aus dem Ausland adoptierte Kinder haben ein deutlich erhöhtes Risiko für physische und psychische Probleme - davon ist Rebekka Allemann überzeugt. Die Züricher Projektmanagerin setzt sich für ein Verbot von Auslandsadoptionen in der Schweiz ein. Ihre Motivation ist zutiefst persönlich: Allemann wurde als Kleinkind aus Südkorea in die Schweiz adoptiert.
Noch heute empfindet die 53-Jährige ihre Biografie als schwere Last. Drei Jahre alt war Rebekka Allemann, als sie Mitte der 1970er-Jahre aus Südkorea in die Schweiz kam. Ein Rückflugticket gab es nicht - sie wurde adoptiert. Schon früh musste sie mehrere Familienwechsel verkraften, verbrachte Zeit in einer Kinderpsychiatrie.
"Ein interkontinental adoptiertes Kind trägt von Beginn an einen schweren Rucksack", sagt Allemann. Aus anderen Kulturkreisen adoptierte Kinder litten häufig unter Identitätskrisen, Verlustängsten und quälenden Fragen nach der eigenen Herkunft, argumentiert sie. Gemeinsam mit weiteren Aktivistinnen und Aktivisten wirbt Allemann für ein Verbot von Auslandsadoptionen.
Debatte im Schweizer Bundeshaus
"Zuerst einmal ist da die Entwurzelung", sagt Allemann. "Kinder werden aus einem Kontext mit Sprache, Kultur, Gerüchen, Gesichtern und vertrautem Essen gerissen und in eine völlig andere Umgebung verpflanzt. Das passiert in der Regel in einem Alter, in dem sie keine Worte dafür haben. Aber der Körper und die Psyche erinnern sich." Über ihre eigenen, oft schmerzhaften Erfahrungen hat sie das Buch "Importkind" geschrieben.
Als Betroffene wurde Allemann auch vom Schweizer Bundesrat angehört. Der sozialdemokratische Justizminister Beat Jans brachte Anfang 2025 ein Verbot von Auslandsadoptionen auf den Weg - auch und gerade angesichts von Missständen und Skandalen der vergangenen Jahrzehnte, die Stück für Stück ans Licht gekommen sind.
So gelangten zwischen 1970 und 1999 vermutlich mehrere tausend Kinder aus dem Ausland durch Kinderhandel, mit Hilfe gefälschter Dokumente, fehlender Herkunftsangaben oder durch andere illegale Praktiken zur Adoption in die Schweiz. Das belegt eine Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) aus dem Dezember 2023.
Jans räumte Anfang 2025 dann auch ein, dass es bei internationalen Adoptionen in die Schweiz in der Vergangenheit in großem Umfang zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei. Das dürfe es künftig nicht mehr geben, erklärte der SP-Politiker.