Welchen praktischen Nutzen hat der Bitcoin im Alltag?
Als Spekulationsobjekt ist der Bitcoin bei vielen Anlegern weltweit angekommen. Was bringt er uns aber im Alltag? Kann man damit bezahlen? Ersetzt der Bitcoin irgendwann unser Geld? Von Antje Erhard.

Mehr als Spekulation Welchen Nutzen hat der Bitcoin im Alltag?
Stand: 30.12.2025 05:16 Uhr
Als Spekulationsobjekt ist der Bitcoin bei vielen Anlegern weltweit angekommen. Was bringt er uns aber im Alltag? Kann man damit bezahlen? Ersetzt der Bitcoin irgendwann unser Geld? Was soll er uns in Zukunft bringen?
Denkt man an eine Währung, dann denkt man an das Naheliegende: ans Bezahlen. Aber genau das ist in Deutschland mit Kryptowährungen nicht einfach: Hierzulande gibt es lediglich rund 2.300 Geschäfte, Online-Shops und Dienstleister, die den Bitcoin zum Bezahlen akzeptieren, zeigen Daten des Online-Verzeichnisses Coinmap. Das heißt - er ist in der realen Welt kaum vertreten. Aber warum eigentlich nicht?
"Als Zahlungsmittel ist der Bitcoin in der Breite nicht etabliert. Das liegt daran, dass er sehr schwankungsintensiv ist", sagt Kapitalmarktexperte Chris-Oliver Schickentanz von der Capitell AG. Für den Einzelhandel sei er damit schwer kalkulierbar. Doch wer das Bezahlen probiert, merkt: Es geht unkompliziert und sekundenschnell.
Eine Pizza für 10.000 Bitcoins
Seit 2010 ist der Beweis hierfür auch offiziell erbracht: Damals, am 22. Mai, hatte der Programmierer Laszlo Hanyecz zwei Pizzen mit sage und schreibe 10.000 Bitcoins bezahlt. Heute unvorstellbar viel. Doch es hat funktioniert und gezeigt, dass man für dieses virtuelle Etwas Bitcoin einen echten Gegenwert bekommen kann. Von da an stieg die Akzeptanz der Kryptodevise. Doch warum dauert es dann so lange, bis man im Alltag wirklich Kryptowährungen einsetzen kann?
"Wir sprechen hier von einer Technologie, die die komplette Finanzinfrastruktur umkrempeln wird", erklärt Adrian Fritz, Kryptoexperte von 21shares. Das brauche Zeit. Vieles werde in Zukunft auch sicherlich im Hintergrund laufen, ähnlich wie das Internet heute. "Sprich, in der Zukunft werden wir alle Krypto- und Blockchain-Technologie benutzen, aber werden es wahrscheinlich gar nicht merken." Hinzu komme die Regulierung - aber da habe es 2025 wichtige Fortschritte gegeben.
Blockchain macht viel möglich
Der Begriff Blockchain fällt oft im Zusammenhang mit Kryptowährungen. Die Blockchain ist quasi die Datenautobahn, auf denen Kryptos laufen - eine sicheres, bisher nicht geknacktes System, das keinen zentralen Ansprechpartner und Entscheider hat. Finden sich hier praktikablere Anwendungen für Kryptos?
"Ja", sagt Stijn Vander Straeten, Chef der Crypto Finance AG. Ein Beispiel: "Wenn man ein elektrisches Fahrzeug parkt und den Parkplatz über eine blockchainbasierte Lösung bezahlt. Gleichzeitig braucht das Fahrzeug Strom, bezieht den Strom vom gegenüberliegenden Gebäude, auf dem Solarzellen verbaut sind und man bezahlt diesen auch über die Blockchain sehr effizient und sicher."
In einigen Ländern etabliert
In einigen Ländern hat sich der Bitcoin aber auch zur Alternative zum etablierten Finanzsystem entwickelt. Beispiel Bhutan: Das Königreich hat im Himalaya riesige Rechenzentren gebaut. Sie schürfen Bitcoins. Dazu nutzt Bhutan CO2-neutral die Wasserkraft seiner Flüsse. Gelegentlich verkauft es einige, um in das Gesundheitswesen oder in Bildung zu investieren. Außerdem ermöglicht Bhutan auch, mit Kryptowährungen zu bezahlen. Das soll mehr Touristen ins Königreich bringen.
Was dem Bitcoin aber 2025 wirklich Auftrieb gab, waren strategische und regulatorische Entscheidungen der USA. Die hatte nicht erst US-Präsident Donald Trump getroffen, der sich vom Bitcoin-Verächter zu einem Unterstützer gewandelt hat. Schon unter der Vorgängerregierung von Joe Biden hatte die Börsenaufsicht in den USA den Kryptomarkt unterstützt, beispielsweise grünes Licht für Bitcoin-ETFs gegeben. Das sind börsennotierte Indexfonds mit dem Bitcoin als Bestandteil.
ETFs als Türöffner
Das war ein Türöffner, sagt Chris-Oliver Schickentanz: "2025 war das Jahr, indem sich der Bitcoin als eigenständige Anlageklasse etabliert hat." Das habe im Wesentlichen am Siegeszug der ETFs, also von liquiden und sehr kostengünstigen Produkten, die die Wertentwicklung von Bitcoin nachbilden, gelegen. "Dadurch konnte man die Anlegerschaft deutlich verbreitern."
Zugleich hatte US-Präsident Trump im Wahlkampf eine weitere Deregulierung für den Kryptomarkt versprochen. Das heizte die Stimmung und den Kurs an. Rekord um Rekord stand auf den Kurstafeln. Anfang Dezember 2024 hatte der Bitcoin erstmals mehr als 100.000 Dollar gekostet. Der US-Präsident hatte zugleich die Möglichkeiten von Kryptowährungen für sein Land, aber auch für sich selbst erkannt.
Trump mit eigenem Coin - Kritik von Experten
Kurz vor seiner Amtseinführung brachte er eine eigene Kryptowährung auf den Markt, den so genannten Trump-Coin. Das ist eine Art digitale Sammelmünze. In euphorischer Marktstimmung aufgelegt, stieg dieser Coin schnell an, von sechs auf 75 Dollar - und erreichte in Summe Milliardenwert, obwohl er gar keinen praktischen Nutzen hatte.
Adrian Fritz sieht das wie viele andere Experten kritisch: "Kurzfristig sorgt so ein Launch für Aufmerksamkeit, Volatilität und Spekulation, zeigt aber auch, dass Kryptowährungen endgültig im politischen Mainstream angekommen sind." Gleichzeitig werfe der Vorgang Fragen zur Regulierung auf.
Rekordhoch 2025 bei 126.000 Dollar
2025 sorgten vor allem Zoll-Briefe und Notenbankentscheidungen für Kursfantasie. Bis zu 126.000 Dollar hat ein Bitcoin zeitweise gekostet. Seit es ihn gibt, hat er fast 20.000 Prozent an Wert gewonnen. Heißt das, in 17 Jahren ist er gekommen um zu bleiben? Ja, sagen Experten wie Timo Emden von Emden Research.
Weitere Wertsteigerungen wie bisher seien damit aber nicht automatisch garantiert. "Der Bitcoin muss eine noch breitere Akzeptanz erfahren vor allem als digitales Gold oder als Zahlungsmittel - andererseits aber auch eine noch stabilere Regulierung in den Vereinigten Staaten, aber auch in der Eurozone, damit vor allem Großinvestoren einsteigen und sich auch wohlfühlen."
Gerade planen die USA ein Marktstrukturgesetz für Kryptowährungen. Es soll definieren, wie diese klassifiziert, gehandelt und überwacht werden. Der US-Senat hatte aber 2025 eine Abstimmung über das Gesetz verschoben und für Enttäuschung in der Kryptobranche gesorgt. 2026 soll die Abstimmung nachgeholt werden.
(Noch) kein Geldersatz
Wenn aber der Bitcoin weltweit akzeptiert ist und überall gehandelt werden kann, was heißt das für unser Geld? Kann der Bitcoin eines Tages unser Geld ablösen? "Ich glaube, dass wir in 20 Jahren mit digitalem Zentralbankgeld bezahlen werden - als Euro oder Dollar, aber in digitaler Form - aber ganz wichtig: staatlich kontrolliert", sagt Timo Emden. "So wie wir es heute schon kennen, vermutlich kontaktlos per App oder biometrisch." Er gehe auch davon aus, dass Bargeld zwar weniger werde, aber vermutlich nicht verschwindet.
Fazit: Kryptowährungen sind in unserem Alltag noch nicht wirklich präsent - vor allem nicht, wenn es ums Bezahlen geht. Eine der Hürden ist das Vertrauen. Außerdem ist der Wert des Bitcoin umstritten. Man kann es womöglich so sagen: er braucht klare Anwendungsfälle, die wirtschaftlich tragfähig sind. Als Investment, als Spekulationsobjekt, ist der Bitcoin aber in unserem Alltag angekommen.
